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Das Blut der Zeit

 

Die Jahre wie Schatten

mit Armen aus Stahl,

die liebkosend den Nacken

umfassen. Ein Pfahl

aus Eiche ins Herz

der Zeit mit strah-

lendem Lächeln befreit.

 

Der Schmerz der Erlösung,

die Endzeit; danach

nur das Schweigen der Jahre

mit Schatten aus Stahl,

die verloren das Leben

betrachten und warten

auf Frieden danach.

 

(Würzburg, 1996)

Elbtraum

 

Am Tag, als die Elbe

Dresden unter sich begrub

und in ein tosendes Meer verwandelte,

da saßen wir auf unserer Insel in den Wolken

und lachten vor Glück.

 

Treibgut spießte Häuser auf,

Brücken versanken,

Sirenen zerrissen die Mitte der Nacht.

 

Am Tag, als ein Prager Elefant

in den Fluten der Moldau dreckig verreckte,

liebten wir uns in Stellungen

zu vertrackt für die Kamasutra.

 

(Dresden, 2002)

 

 

Kein einziges Leben

 

Nahmst du mir das Leben,

So war es nicht mein Einziges.

Was wir hätten sein können,

War immer erst am Werden.

Kann denn etwas vergehen,

Bevor es geworden ist?

Das, was du uns nahmst,

War kein Leben, kein einziges

Noch meiner zahllosen.

 

(Toronto, 2012)

 

 

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